Mit dem Namen Jacques Rancière hat man im deutschen Sprachraum lange Zeit vor allem zweierlei verbunden: zum einen die für den akademischen Marxismus nicht nur der 1960er Jahre prägende Marx-Interpretation des Kreises um Louis Althusser; zum anderen die mit Begriffen wie „Streit“, „Anteil“ und „Polizei“ arbeitende Theorie politischer Subjektivierung, die Rancière dreißig Jahre später in Das Unvernehmen vorgelegt hat. Vergleichsweise wenig Beachtung haben bis vor Kurzem noch Arbeiten Rancières gefunden, die nicht nur chronologisch als Verbindungsstück zwischen Früh- und Spätwerk dienen können: jene von einer Kritik am akademischen Marxismus ausgehenden Untersuchungen der frühen französischen Arbeiterbewegung, die Rancière zwischen 1975 und 1980 in der von ihm mitgegründeten Zeitschrift Les Révoltes logiques veröffentlichte, und die ihren elaboriertesten Ausdruck in dem 1981 erschienenen Buch Die Nacht der Proletarier finden sollten. Für Leser*innen dieser Zeitschrift dürfte Rancières Verbindung von Sozialgeschichte und politischer Kritik von einigem Interesse sein. Dies hat uns motiviert, einige bereits seit Ende der 1970er Jahre zumeist an entlegener Stelle erschienene deutsche Übersetzungen der entsprechenden Aufsätze in diesem Sonderheft neu aufzulegen – erweitert um die Erstübersetzung eines zusammenfassenden Kommentars zur Nacht der Proletarier und eine von Rancière freundlicherweise beigesteuerte Einleitung. Die Sonderausgabe von Sozial.Geschichte Online ist auf den Seiten von DuEPublico als PDF veröffentlicht und kann dort kostenlos heruntergeladen werden.
Kommunistische Bewegung in der Weimarer Republik und im Widerstand gegen den Nationalsozialismus
Unser Redakteur Hartmut Rübner beschäftigt sich in seinem Forschungsbeitrag „Kommunistische Bewegung in der Weimarer Republik und im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Neuere Untersuchungen und Forschungsschwerpunkte“ mit den Fortschritten und Sackgassen der Forschung seit den 1990er Jahren. Zur Bestimmung des Verhältnisses von Utopie und Wirklichkeit in der Geschichte des Kommunismus müssen, so unser Autor, zwei Seiten unterschieden werden: einerseits eine soziale Bewegung, die als Abspaltung von der systemintegrierten Sozialdemokratie auf die Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnisse in der Klassengesellschaft reagierte, und andererseits die realsozialistischen Diktaturen an der Macht. Obwohl das kommunistische Spektrum viele Nebenströmungen und Abspaltungen umfasst, wird es doch meist auf die KPD reduziert – ein Bild, das Hartmut Rübners Beitrag korrigiert. Der erste Teil dieses Artikels ist bereits in Heft 34 von Sozial.Geschichte Online veröffentlicht, der zweite Teil kann nun hier – als eine Vorveröffentlichung aus Heft 36 – heruntergeladen werden.
„Heimgesperrt“ – Ein Roman von Sylvia Wagner
„Heimgesperrt“. Konzise bringt der Titel des ersten Romans unserer Autorin Sylvia Wagner den bis Mitte der 1970er Jahre währenden Missbrauch von Medikamentenstudien an Heimkindern in Deutschland auf den Punkt – teils durch Ärzte, die bereits während des Nationalsozialismus an Menschenversuchen beteiligt waren. Bereits 2016 hatte unsere Autorin ihre Forschungen zu diesem Thema in Sozial.Geschichte Online veröffentlicht. Im Jahr 2020 erschien hierzu ihre Langstudie im Mabuse-Verlag. Basierend auf ihrer autobiographischen Erfahrung als ehemaliges Heim- und Pflegekind hat Sylvia Wagner jetzt die Formen der Kollaboration zwischen staatlichen Institutionen, Pflegeheimen, Pflegeeltern und medizinischen Instanzen in Romanform aufgearbeitet und gibt damit den vielen Geschichten, die in der wissenschaftlichen Literatur nur selten einen Platz finden, Stimme, Gesicht und Gehör. Das im Correctiv Verlag erschienene Buch hat 251 Seiten und kostet 20 Euro. Wir beglückwünschen unsere Autorin zu diesem lesenswerten Buch und wünschen ihm viele Leser:innen!
BEFREIT! 25. APRILE 1945, ABRIL 1974
Der 25. April ist der nationale Tag der Befreiung vom Faschismus in Italien (1945) und Portugal (1974). Rund um diesen Tag hat die A.N.P.I. (Associazione Nazionale Partigiani d’Italia) in Frankfurt am Main ein Veranstaltungsprogramm organisiert, das der Niederlage des Nazifaschismus in Italien und des Faschismus in Portugal gedenkt. Vom 22. April bis zum 7. Mai 2023, zwischen 10 und 18 Uhr, kann die Ausstellung „Eine andere italienische Reise. Orte, Geschichte und Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg“ in der Seilerei, Offenbacher Landstraße 190, Frankfurt am Main besichtigt werden. Den Auftakt des Rahmenprogramms bildet ein Online-Vortrag von Brunello Mantelli zum Thema „Italienische Arbeitskräfte in Deutschland 1938-1945: Zwischen Ausbeutung und Widerstand“ am Samstag, den 15. April 2023, 18:30 Uhr. Zum Programm: https://anpi-deutschland.de/25-apr-2023/. Weiterlesen
Heft 34 ist erschienen
Das neue Heft von Sozial.Geschichte Online ist erschienen und steht auf dem Publikationsserver der Universität Duisburg-Essen zum kostenlosen Download bereit. Im Forschungsteil veröffentlichen wir einen Beitrag von Simon Duckheim zu den (gesundheits-)politischen Vorstellungen von Max Hodann (1894–1946), den ersten Teil eines Artikels unseres Redakteurs Hartmut Rübner über die neuere Forschung zur kommunistischen Bewegung in der Weimarer Republik und im Widerstand gegen den Nationalsozialismus sowie einen Text von Ralf Hoffrogge, in dem er gängige Annahmen über die Arbeitsbeziehungen in Deutschland und Großbritannien hinterfragt. Der Forschungsbeitrag von Johanna Neuhauser und unserem Redakteur Peter Birke widmet sich der Frage nach dem Zusammenhang zwischen multipler Krise und multipler Prekarität in überwiegend durch migrantische Arbeit geprägten Branchen. Christian Sperneac-Wolfer knüpft hieran mit seiner Analyse der Arbeits- und Lebensverhältnisse rumänischer Bauarbeiter an. Weiterlesen
Arbeit und Migration: Tagung am 5./6. Mai in Frankfurt am Main
Am Institut für Sozialforschung findet am 5./6. Mai eine Tagung statt, deren Veranstalter:innen „prekäre Arbeits- und Lebenskonstellationen von Migrant:innen“ sowohl theoretisch als auch empirisch fundiert diskutieren wollen. Unter den Vortragenden befinden sich mit Johanna Neuhauser, Christian Sperneac-Wolfer und Peter Birke gleich drei Autor:innen, die in unserem aktuellen Heft 34 Beiträge zu oben genannten Themen verfasst haben. Mehr Informationen über die Tagung und eine Möglichkeit der Anmeldung gibt es hier. Und hier geht es zum Programm:
In eigener Sache: Wir brauchen Unterstützung!
Sozial.Geschichte Online ist eine weitgehend durch ehrenamtliche Arbeit erstellte, kostenfrei zugängliche Publikation, die dennoch in der Herstellung keinesfalls umsonst ist. Anlässlich des Jahresendes deshalb unsere dringende Bitte: Unterstützen Sie / unterstütze Du uns bitte! Dafür gibt es viele Möglichkeiten: Sie können / Du kannst Texte einreichen, Mitglied in unserem Verein werden und die Papierausgabe der Zeitschrift regelmäßig beziehen. Oder Sie können / Du kannst auch einfach nur (steuerabzugsfähig) spenden. Weitere Infos und Kontaktdaten finden sich hier.
Sonderheft zum 80. Geburtstag von Karl Heinz Roth ist erschienen
Bevor 2022 seinen Abschluss findet, erscheint mit Heft 33 ein Sonderheft von Sozial.Geschichte Online aus Anlass von Karl Heinz Roths 80. Geburtstag. Das Sonderheft ist auf den Seiten von DuEPublico als PDF veröffentlicht und kann dort kostenlos heruntergeladen werden. Aus der Fülle der Arbeiten von Karl Heinz Roth hat die Redaktion Artikel ausgesucht, die thematische Bezüge zu „Kapitalismus“, „Krieg“, „Widerstand“ aufweisen, drei Konstanten in seinen Arbeiten. Alle Beiträge Roths verweisen auf sein langjähriges Engagement als kritischer Intellektueller, der die Geschichtsschreibung gegen den Strich bürstet. Das Sonderheft enthält zudem Beiträge von Freund_innen und Weggefährt_innen Roths: Marcel van der Lindens Versuch einer sozialhistorischen Ortsbestimmung des Anarchismus, Christiane Rothmalers Beitrag über „Wehrmachthelferinnen vor der Militärjustiz“, Hartmut Rübners Beitrag „Arbeiter/innen und Neue Linke im Protestzyklus um 1968“, Rüdiger Hachtmanns Artikel „Nazismus (‚Nationalsozialismus‘)“ und Sergio Bolognas Geschichtsschreibung der operaistischen Zeitschrift Primo Maggio und ihres Einflusses auf die italienische Historiographie.
WeiterlesenDen Kriegsdienst verweigern – in Russland, der Ukraine, überall …
Connection e.V. unterstützt seit vielen Jahren Kriegsdienstverweigerer und Deserteure aus und in aller Welt. Auch im Krieg, den Russland aktuell gegen die Ukraine führt, steht die Initiative auf der Seite der Verweigerer. Wir sprachen mit Rudi Friedrich, einem Gründungsmitglied des Vereins, darüber, welche Bedeutung Desertion in diesem Krieg hat, welche Behandlung Deserteure in ihren Herkunftsländern und im Exil erfahren und wie sie in der Bundesrepublik aufgenommen werden. Das Gespräch endet mit der Frage, was Kriegsdienstverweigerung zur Beendigung dieses Kriegs beitragen kann. Der Betrag ist Nr. 2 von 3 in einer kleinen Reihe von Interviews zu Perspektiven auf den Krieg des russischen Staates gegen die Ukraine „von unten“. Davor haben wir die Gruppe Karmína zu ihrer Analyse der Situation der ukrainischen Arbeiter:innenklasse befragt. Beide Text erscheinen in Heft 34 von Sozial.Geschichte Online, das Interview mit Connection findet sich hier:
Migration and Work – Theoretical Perspectives under the Impression of Multiple Crises
In many countries, including Germany and Austria, the pandemic has both exposed and generated conflicts around migrant labor. Social.History Online has published several texts on struggles of migrant workers since March 2020, including analysis of conflicts over mass infections or labor unrest in agriculture or the meat industry. Johanna Neuhauser and Peter Birke discuss theoretical perspectives with which this cycle of conflicts can be read. For a better understanding of the perspectives of anti-racist and workplace struggles, they suggest to connect critical migration and labor research. The text is a pre-publication of issue 34 of our journal, which will be published in spring 2023. Free download here:
Online-Ausstellung „ ITALIENISCHE ARBEITSKRÄFTE IM REICH“
Die Online-Ausstellung „ ITALIENISCHE ARBEITSKRÄFTE IM REICH“ rekonstruiert die höchst unterschiedlichen Geschichten der 1,2 Millionen Männer und Frauen, die zwischen 1938 und 1945 in NS-Deutschland als Arbeitskräfte für die Kriegswirtschaft eingesetzt wurden. Die komplexen Rahmen- und konkreten Einsatzbedingungen der italienischen Arbeitskräfte im Deutschen Reich sind Gegenstand jahrelanger Arbeit der Forschungsgruppe ANRP, die in dieser Ausstellung und im Rahmen der von Sozial.Geschichte Online unterstützten Tagung „Italienische Arbeitskräfte für die deutsche Kriegswirtschaft 1938–1945“ präsentiert werden. Die Ausstellung ist ab sofort frei zugänglich unter https://italienischearbeitskraefteimreich.eu/.
Für die feministische Revolution im Iran!
Die Redaktion von Sozial.Geschichte Online unterstützt die Solidarität für die Aufstände im Iran, wie sie sich neben zahlreichen Demonstrationen in der Bundesrepublik und vielen anderen Ländern auch in einer Petition von Wissenschaftler:innen finden: „On 16 September, Mahsa (Zhina) Amini, a 22-year-old Kurdish-Iranian woman, was brutally murdered by the morality police of the Islamic Republic of Iran. She was beaten several times on the head after her arrest for wearing so-called ‘improper’ hijab. This was among many other state murders committed systemically and purposefully by the gender-apartheid regime of Iran. Since this state murder, people have been protesting in many cities in Iran. This country-wide revolt is against not only the brutal murder of Mahsa but also the essence of the Islamic regime. The demand is loud and clear: an end to a theocratic regime whose multi-faceted violence against marginalized bodies is manifested in Mahsa’s death. In the face of terror and repression, we are witnessing a feminist revolution in Iran ignited by rage at the murder of Mahsa (Zhina) Amini.“ Zum vollständigen Text.
Vorveröffentlichung: Ralf Hoffrogge, Sozialpartnerschaft mit kurzer Tradition
Deutschland gilt als Modellfall für Sozialpartnerschaft und Korporatismus oder, in der Typologie der Varieties of Capitalism, als koordinierte Marktwirtschaft, Großbritannien dagegen als Modell für eine voluntaristische Form der Arbeitsbeziehungen. Ralf Hoffrogge hinterfragt diese Annahmen in einer Vorveröffentlichung zu Heft 34 unserer Zeitschrift: Sein Text „Sozialpartnerschaft mit kurzer Tradition. Korporatismus, Voluntarismus und die ‚Varianten des Kapitalismus'“ basiert auf einem Vergleich der Industriegewerkschaft Metall und der Amalgamated Engineering Union. Hoffrogge arbeitet heraus, dass beide Gewerkschaften über einen langen Zeitraum fast identische Antworten auf dieselben globalen Herausforderungen fanden. Die Aufspaltung zweier nationaler Systeme der Arbeitsbeziehungen setzt er nicht, wie andere Studien, bereits vor 1918 an, sondern erst spät: Zwischen 1973 und 1979 verloren die britischen Gewerkschaften jede Hoffnung auf ein korporatistisches Arrangement, während der deutsche Korporatismus mit eingeschränktem Handlungsspielraum für Gewerkschaften überlebte. Hier geht es zum Text:
Italienische Arbeitskräfte für die deutsche Kriegswirtschaft 1938–1945
Sozial.Geschichte Online unterstützt die Tagung „Italienische Arbeitskräfte für die deutsche Kriegswirtschaft 1938–1945“, die vom 1. bis 3. Dezember 2022 an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stattfindet und auf der auch unser Autor Karl Heinz Roth spricht. Vorgestellt wird die jahrelange Arbeit der Forschungsgruppe „Associazione Nazionale Reduci dalla Prigionia, dall’Internamento, dalla Guerra di Liberazione e loro familiari“ (ANRP) zu den Rekrutierungs- und Einsatzbedingungen der italienischen Arbeitskräfte im Deutschen Reich. Zum Programm bitte hier klicken. Die Veranstaltung findet hybrid statt, eine Teilnahme ist vor Ort oder online möglich. Anmeldungen bitte an: Freia Anders, anders@uni-mainz.de.
Willi Hajek ist verstorben
Die Redaktion von Sozial.Geschichte Online trauert um unseren Genossen, Autoren und Freund Willi Hajek, der am 3. Oktober 2022 im Alter von 76 Jahren in der Nähe von Marseille verstorben ist, wo er seit einigen Jahren gelebt hat. Willi war einer der wichtigsten Netzwerker der bundesdeutschen Gewerkschaftslinken, Aktivist der „Gegenwehr ohne Grenzen“ (GOG) bei Opel in Bochum, aber auch der Gewerkschaft SUD in Frankreich, ein Vermittler zwischen sozialen Bewegungen und Kämpfen in Frankreich und Deutschland. In Sozial.Geschichte Online hat Willi zuletzt in einem ausführlichen Interview über die „Gelbwesten“ in Frankreich berichtet, außerdem sprach er, gemeinsam mit Lou Marin, über die Situation der Sozialproteste in Frankreich während der Pandemie. Wir vermissen Willis Offenheit, seine Herzlichkeit und seinen unerschütterlichen Optimismus. Ein ausführlicher Nachruf wird in Heft 34 unserer Zeitschrift erscheinen.
Karmína on “The Tragedy of the Ukrainian Working Class”
How have social-economic conditions in Ukraine developed since the 1990s? What role has the labor movement played? How and with what goals have labor struggles been waged? And what is currently changing as a result of the war? An interview with the Karmína collective, which recently published an in-depth analysis on these issues. /// Wie haben sich die sozial-ökonomischen Verhältnisse in der Ukraine seit den 1990er Jahren entwickelt? Welche Rolle spielte die Arbeiter:innenbewegung? Wie und mit welchen Zielen wurden Arbeitskämpfe geführt? Und was verändert der Krieg? Peter Birke führte ein Interview mit dem Karmína-Kollektiv, das kürzlich einen ausführlichen Text zu diesen Fragen veröffentlicht hat, der jetzt auch in deutscher Sprache erschienen ist. Unsere Vorveröffentlichung zu Heft 34 ist der erste in einer Reihe von Texten, die sich mit der Wahrnehmung des Krieges gegen die Ukraine „von unten“ befassen, siehe das Editorial unserer aktuellen Ausgabe. Das von Peter Birke geführte Gespräch erscheint in Kürze auch in deutscher Sprache. Click here to download the interview / Unsere Vorveröffentlichung aus Heft 34 findet sich hier.
In Brasilien: Lula oder Bolsonaro?
Bei unseren Freund:innen vom labournet berichtet unser Autor Jörg Nowak, der in Brasilia lebt und arbeitet, seit einigen Wochen regelmäßig aus dem Vorwahl-Brasilien. Wir können unseren Leser:innen seine kurzen, prägnanten Analysestücke nur sehr empfehlen. Aus der sechsten Ausgabe: „Es sind nun weniger als drei Wochen bis zu den Präsidentschaftswahlen in Brasilien am 2. Oktober, wahrscheinlich eine der wichtigsten Wahlen dieses Jahres. Der ehemalige Präsident Lula Inácio da Silva (Arbeiterpartei/PT) von der gemäßigten Linken führt mit Umfragewerten zwischen 40 und 45 Prozent im ersten Wahlgang, der rechtsextreme Amtsinhaber Jair Bolsonaro (Liberale Partei, PL) liegt mit 30 bis 35 Prozent der Stimmen dahinter. (…) Die größte Frage, die in der Luft liegt, ist, ob Bolsonaro eine Niederlage an der Wahlurne akzeptieren wird. Die Erwartung, dass Bolsonaro am Unabhängigkeitstag, dem 7. September, einen Putschversuch starten würde, hat sich nicht erfüllt (…).“
Heft 32 ist erschienen
Das neue Heft von Sozial.Geschichte Online ist auf den Seiten von DuEPublico als PDF veröffentlicht und kann dort kostenlos heruntergeladen werden. Im Editorial stellen wir unsere Gedanken und einige offene Fragen zum andauernden Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine zur Diskussion und freuen uns über Beiträge hierzu. Die Rubrik Forschung beinhaltet den zweiten und dritten von insgesamt drei Teilen des Forschungsbeitrags unseres Redakteurs Hartmut Rübner über die Geschichte der Gestapo. In unserer neu eingeführten Rubrik Dokument veröffentlichen wir ein Sitzungsprotokoll der Pariser Kommune, das Anouk Colombani in ihrem (zuerst in der Theoriezeitschrift Les Utopiques erschienenen) Artikel genauer in den Blick nimmt. In der Rubrik Diskussion setzt sich Gerhard Hanloser mit dem Buch von Klaus Holz und Thomas Haury Antisemitismus gegen Israel auseinander. Das neue Heft enthält zudem weitere interessante Rezensionen, unter anderem von Wolfgang Hien über den von Mark Richter und anderen herausgegebenen Sammelband Spuren der Arbeit. Zum Editorial bitte Weiterlesen
Petition zur Aufarbeitung der Gewalt an „Verschickungskindern“
Seit Jahren kämpfen ehemalige „Verschickungskinder“ um die Anerkennung und Aufarbeitung der Gewalt, der sie zwischen den 1950er und 1980er Jahren in vermeintlichen „Erholungsheimen“ und „Heilstätten“ ausgesetzt waren. Diese Gewalt traf nicht nur einige Wenige, sondern sie hatte System. Ausgeübt wurde sie oftmals von Ärzt*innen oder Pädagog*innen, die sich bereits während des Nationalsozialismus an Kindern vergingen. Über den Umfang und die Formen des Missbrauchs haben unsere Autor*innen Sylvia Wagner und Burkhard Wiebel in Heft 28 sowie Anja Röhl in Heft 31 berichtet. Die Bundesregierung verweigert die Aufarbeitung und lehnt jegliche Verantwortung für dieses Unrecht ab. Wir unterstützen die Petition von Anja Röhl auf change.org, die sie aus Protest gegen diese Ignoranz gestartet hat.
Bundesfamilienministerium verweigert Aufarbeitung der Kinderverschickung
Nach jahrelanger Vorbereitung fand am 7. Juli 2022 ein Gespräch der Initiative Verschickungskinder, der unsere Autorin Anja Röhl angehört, mit der Bundesregierung statt. Drei Bundesministerien (für Familie, für Gesundheit, für Arbeit und Soziales) und die Rentenversicherung waren hieran beteiligt. Die Verhandlung endete mit ernüchternden Ergebnissen: Keine Unterstützung für die Initiative Verschickungskinder sowie den Verein Aufarbeitung und Erforschung von Kinder-Verschickungen e. V., keine weiteren Gespräche zu den Forderungen der Initiative, keine Übernahme von Bundesverantwortlichkeit.