Arbeit und soziale Konflikte in der Pandemie

Man sollte angesichts der Corona-Krise nicht so ergebnisoffen schreiben, erklärten unsere Freund*innen von analyse & kritik im März 2020, sondern besser über Proteste und Kämpfe, an die anzuknüpfen wäre.

Mit diesem Ziel haben wir während des ersten Lockdowns im Frühjahr vergangenen Jahres die Einschätzung der Gruppe Blauer Montag zum Notstand der Arbeitsgesellschaft veröffentlicht. Mit vielen damals offenen Fragen: Wie kann man sich auf die dort beobachteten Konflikte um gesellschaftliche Arbeit beziehen? Was bedeutete das für den Alltag, für Sorgearbeit und Kinderbetreuung, für Geschlechter- und Migrationsverhältnisse? Wie zeigt sich der Notstand auf globaler Ebene und was ist angesichts der Pandemie mit den Aufständen passiert, die im Jahre 2019 eine große Rolle gespielt haben? Seitdem sind in Sozial.Geschichte Online einige Texte erschienen, die teilweise direkt auf den Beitrag der Gruppe Blauer Montag reagieren, teilweise die seitdem aufgekommenen Fragen zum Verhältnis von Pandemie und Sozialprotest reflektieren.

So erschien im Frühjahr 2020 ein Beitrag von Wolfgang Völker zu Arbeit am Notstand: Ehrenamt, Nachbarschaftshilfe, Selbstorganisation. Zur selben Zeit schrieb Peter Birke angesichts der Konflikte über Saisonarbeit in der Landwirtschaft über Coesfeld und die Folgen: Arbeit und Migration in der Pandemie. Im direkten inhaltlichen Anschluss untersuchte er im Winter 2020/21 die im sogenannten Arbeitsschutzkontrollgesetz enthaltenden Reformen in Die Fleischindustrie in der Coronakrise. Eine Studie zu Arbeit, Migration und multipler Prekarität. Die Studie ist ein Ausschnitt aus einer mittlerweile publizierten größeren Untersuchung zu Arbeit und Migration vor und in der Pandemie.

Unter dem unmittelbaren Eindruck der zweiten Welle und des möglicherweise dritten Lockdowns analysierte Wolfgang Hien dann Anfang 2021 Corona-Pandemie: Gesundheitsschutz, Arbeitsverhältnisse, Pflegearbeit. Einige Monate später stellte dann Dorothea Biaback Anong eine erste Bilanz des Diskurses über landwirtschaftliche Arbeit vor, der besonders in den ersten Phasen der COVID-19-Krise eine besondere Ausprägung erhielt, während er trotz der Schwierigkeiten bei der Anwerbung migrantischer Arbeitskraft bereits 2021 viel weniger öffentlich wahrnehmbar war.

Mehrere Texte erschienen zudem mit einem erweiterten und nicht nur auf Arbeitsverhältnisse bezogenem Blick auf die sozialen Folgen der COVID-19-Krise. Eine transnationale Perspektive auf den Zusammenhang zwischen Krise und sozialem Konflikt bot im Sommer 2020 ein kurzer Essay von John Holloway Corona-Krise: A Cascade of Angers / Eine Kaskade des Zorns. Zudem berichteten, in Anschluss an ihre Analysen der Gelbwesten-Bewegung in unserer Zeitschrift, Lou Marin und Willi Hajek über die Sozialen Bewegungen in Frankreich im Zeitalter der Pandemie.

Gerhard Hanloser publizierte 2021 seine kritischen Beobachtungen zu den sogenannten Corona-Demos: „Nicht rechts, nicht links“? Ideologien und Aktionsformen der „Corona-Rebellen“. Angesichts des Auflebens dieser Bewegung wurde dann um die Jahreswende 2021/22 ein Papier von Sergio Bologna zu Ideologie und Strategie dessen italienischen Pendants veröffentlicht. Und schließlich diskutierte Max Henninger Anfang 2022 Karl Heinz Roths Analyse der Pandemie in seinem Buch „Blinde Passagiere“.

Weitere Beiträge werden folgen. Die Redaktion freut sich über Einreichungen, siehe hierzu unser Call for Papers.