Wir bedanken uns sehr herzlich bei allen, die die Zeitschrift 2025 durch Beiträge, Spenden und kritische Kommentare unterstützt haben. Wir freuen uns auch weiterhin über Spenden und Vereinsmitgliedschaften. Nähere Informationen findet ihr / sie hier. Übrigens: Sozial.Geschichte hat einen neuen Newsletter. All diejenigen, die regelmäßig von uns über Veröffentlichungen und sonstige Neuigkeiten informiert werden möchten, können sich hier anmelden: https://news.sozialgeschichte-online.de/subscription/form.
WeiterlesenZwischen Afrika-Cup und Aufstand: Zur Situation in Marokko
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Im Herbst haben wir einen Text von Helmut Dietrich über Grenzregime und Sozialproteste in Marokko veröffentlicht. Aktuell spitzt sich die Lage in Marokko zu. In jedem der supermodernen Fußballstadien, in denen der Afrika-Cup seit dem 21. Dezember 2025 läuft, wurde auf die Schnelle eine Polizeistation errichtet, verbunden mit einer für ebenfalls supermodernen Rundum-Videoüberwachung. Das marokkanische Königshaus sieht sich – auch als Co-Gastgeber der WM 2030 – auf dem Weg zu einer kontinentalen Großmacht. Das Land befindet sich in einem momentan stillhaltenden Aufruhr. Aufstände vor allem von Jugendlichen haben das Land erschüttert, mit der Forderung nach Schulen und Krankenhäusern statt Großprojekten wie die neuen Fußballstadien. Nationale Fußballspieler haben die Forderungen der „Generation Z“ öffentlich unterstützt.
WeiterlesenMigration der Krise und Beschleunigung. Zur aktuellen Situation in den USA
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Die Politik der Trump-Regierung bewirkt eine grundlegende Verschiebung des Migrationsregimes, weil sie einerseits den hegemonialen Diskurs umformt und andererseits tief in die soziale Reproduktion (nicht nur) von Migrant:innen eingreift. Dabei beschleunigen die rassistischen Angriffe auf Migrant:innen den Übergang in einen neuen Autoritarismus – und sind auch deshalb zentral für eine Agenda der Gegenwehr. In unserer Vorveröffentlichung zu Heft 39 von Sozial.Geschichte geht Serhat Karakayalı dieser Spur anhand einer Analyse der aktuellen Situation in den USA nach. Der Text findet sich hier:
Der Ford-Streik: Das Musical
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Der Streik bei Ford in Köln ist ein wichtiges Ereignis einer emanzipatorischen Erinnerungskultur. Er wurde im August 1973, im Kontext einer allgemeinen Streikwelle, durch die Weigerung der Firma ausgelöst etwa 300 migrantische Arbeiter wiedereinzustellen, die aufgrund der langen Reise etwas zu spät aus dem Urlaub gekommen waren. Heute steht der Streik sowohl für die Erfahrung, sich endlich in der deutschen Gesellschaft artikuliert zu haben, als auch für den massiven Rassismus dieser Gesellschaft. Dies ist freilich noch immer nicht überall bekannt. Als im Mai bei Ford in Köln für einen Tag die Arbeit niedergelegt wurde, sprach etwa die IG Metall vom „ersten Streik bei Ford nach 100 Jahren“. Historischen Nachhilfeunterricht erteilt jetzt ein Musical, über das Christine Ziegler für den Blog der Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt eine tolle Rezension geschrieben hat, die wir hier verlinken.
Der Zustand der Welt und die Lage der Unterklassen
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Im April 2024 haben wir hier ein Thesenpapier der Initiativgruppe „Sozialismus oder Barbarei“ veröffentlicht. Dieses Papier, das vor dem Hintergrund der aktuellen Kriege eine grundlegend antimilitaristische und antikapitalistische Position vertritt, hat seitdem eine breite Diskussion ausgelöst. In diesem Blogbeitrag machen wir aus dieser Diskussion eine Stellungnahme der Gruppe Blauer Montag zugänglich. Zudem hat Karl Heinz Roth eine Reaktion auf die Diskussion mit Blick auf die „Lage des globalen Multiversums und die sich daraus ergebenden Perspektiven“ geschrieben, das hier heruntergeladen werden kann.
Mathias Deichmann (1943–2025)
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Am 27. Oktober 2025 verstarb Mathias Deichmann. Er war der Stiftung für Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts langjährig verbunden und seine Biographie ist nicht zuletzt in der Geschichte der sozialen Kämpfe seit den 1960er Jahren verankert. In einem Nachruf würdigt Karl Heinz Roth seine vielseitige Persönlichkeit und sein Schaffen: Wir geben an dieser Stelle den zuerst auf der Homepage der Stiftung veröffentlichten Text wieder.
Neu erschienen: Making History. Geschichte von links
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Was ist eigentlich „Geschichte von links“? Und wie lassen sich die Auseinandersetzungen darum in „die Geschichte von/der Linken“ einordnen? Diese beiden Fragen stellt ein eben veröffentlichter Sammelband, der zum 20-jährigen Jubiläum des Gesprächskreises Geschichte bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung zusammengestellt wurde. Es werden dort Herausforderungen beleuchtet, die herrschaftskritische Geschichtsarbeit mit sich bringt. Und es werden konkrete Beispiele für vier Projekte exemplarisch dargestellt. Beiträger:innen sind unter anderem etliche Autor:innen unserer Zeitschrift. Die Redaktion selbst hat zudem in diesem Buch auch einen Beitrag über unserer Arbeit verfasst. Der Text wurde von Susanne Boehm, Jule Ehms, Bernd Hüttner und Robert Kempf herausgegeben. Er ist online verfügbar … und sehr lesenswert.
Über die Aufstände in Marokko
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Die Verhältnisse in Marokko wurden seit dem 27. September 2025 zwei Wochen lang durch eine Jugendrevolte zum Tanzen gebracht, die breite Unterstützung in der Bevölkerung fand. Unser Autor Helmut Dietrich beleuchtet die regionalen Vorläufer, die Aktionsformen und die länderübergreifende Dimension dieser Aufstände: Sie sind auf das Engste mit den Kämpfen der Migration sowie dem tausendfachen Versuch verknüpft, die Grenzen zu den spanischen Enklaven in Nordafrika zu überwinden. Der Artikel ist eine Vorveröffentlichung aus Heft 39 und kann hier kostenlos heruntergeladen werden.
Rede gegen den Krieg bei VW
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Auf der Webseite von Labournet.TV wurde jetzt eine Rede des Betriebsratsmitglieds Lars Hirsekorn veröffentlicht, der im Rahmen der Betriebsversammlung VW Braunschweig am 2. September 2025 das Problem der Militarisierung der Autoindustrie aufgegriffen hat. Zitat: „Die Weltmärkte der Automobilindustrie sind gesättigt. Egal ob in China, Europa oder den USA, überall stehen hunderttausende Autos unverkauft rum und bedrohen die Dividenden der Aktionäre. Schon seit Jahren wissen die Familien Piech, Porsche, Quandt und Musk nicht mehr, wie sie ihre Milliarden noch gewinnbringend anlegen sollen. (…) Und jetzt haben sie eine neue Anlagemöglichkeit entdeckt, eine Ware die ständig neu produziert werden muss und deren Markt im Falle eines Falles unersättlich ist. Die Familie Porsche möchte wieder Waffen produzieren.“ Die komplette Rede findet sich hier, auf Labour.net.TV empfehlen wir außerdem die Sonderseite zum Thema „Antimilitarismus im Betrieb“.
Jacques Rancière: Heutzutage hat das von den Milliardären fabrizierte Volk des Ressentiments die Oberhand
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Der französische Philosoph Jacques Rancière hat sich zur Frage nach den Ursachen und Dynamiken der weltweiten Erfolge der autoritären und faschistischen Rechten geäußert. Das hier zugängliche Interview wurde von der Tageszeitung „Le Monde“ veröffentlicht und von Lars Stubbe übersetzt. Von Rancière erschienen bei Sozial.Geschichte Online zuletzt eine Sammlung von Texten aus dem Zeitraum 1975 bis 1980 (Heft 35, 2023) sowie eine Einschätzung des Endes der ersten „Trump“-Regierung im Kontext des Sturms auf das Kapitol (Heft 29, 2021). Die aktuelle Vorveröffentlichung zu Heft 39 findet sich hier:
Heft 38 ist erschienen
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Die neue Ausgabe von Sozial.Geschichte Online ist erschienen und steht auf dem Portal der Universität Duisburg-Essen zum kostenlosen Download bereit. Den Auftakt machen Andreas Fink, Markus Grieser, Kevin Heiniger und Sabine Stang, die die regionalen Heimkampagnen nach 1968 in Westdeutschland, Österreich und der Schweiz vergleichend untersuchen. Im sich anschließenden Beitrag überprüft Emiliana Armano die Aussagekraft verschiedener Ansätze aus Theorie und Praxis des Operaismus zur Analyse und Veränderung der sozialen Beziehungen im gegenwärtigen Plattformkapitalismus. Wir freuen uns zudem, den dritten und abschließenden Teil von Ahlrich Meyers Forschungen zur wirtschaftlichen Situation der jüdischen Bevölkerung in Belgien unter deutscher Besatzung veröffentlichen zu können. Von besonderer Aktualität ist der Beitrag von Karl Heinz Roth über Oskar Voss und den Arbeiterwiderstand gegen den Nazismus, in dem Roth auch auf die langen historischen Linien des Widerstands gegen Rüstungsproduktion und Militarisierung verweist. In unserer Rubrik Zeitgeschehen findet sich ein Essay von Janika Kuge und unserem Redakteur Peter Birke, die für eine kritische Sicht auf die aktuelle Migrationsdebatte plädieren, in der Ausbeutung und Rassismus als zwei Seiten einer Medaille gefasst werden. Das neue Heft enthält auch wieder eine Reihe interessanter Buchbesprechungen – von Elfriede Müller über Bittere Brunnen von Regina Scheer, von Yves Müller über Sexismus im Betrieb von Henrike Voigtländer und von Friedhelm Schütte über Rüdiger Hachtmanns umfassende Studie zum Reichsarbeitsministerium.
Aufruf zu Vereinsmitgliedschaft und Spenden
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Geschichte ist politisch und umkämpft. Um weiterhin kritischer Geschichtsschreibung eine Plattform zu bieten und Teil einer politischen Gegenöffentlichkeit zu sein, brauchen wir 100 neue Vereinsmitglieder und Spenden, damit die Zeitschrift Sozial.Geschichte Online längerfristig auf soliden Füßen steht. Unsere Zeitschrift ist kostenfrei auf dem Open-Access-Publikationsserver der Universität Duisburg-Essen zu finden. Wir rufen alle Leser:innen auf, uns zu unterstützen. Mehr Informationen unter: Weiterlesen
Eben erschienen: Sammelband zum Einsatz italienischer Arbeiter:innen im NS
Wir möchten Euch auf eine Neuerscheinung zum Einsatz italienischer Arbeitskräfte in der NS-Kriegswirtschaft hinweisen. Der von unserer Redakteurin Freia Anders mit herausgegebene Sammelband bietet neben einem systematischen Überblick unseres Autors Karl Heinz Roth über Italiens Beitrag zur deutschen Kriegswirtschaft ausgewählte Texte aus der jahrelangen Arbeit der Forschungsgruppe der „Associazione Nazionale Reduci dalla Prigionia, dall’Internamento, dalla Guerra di Liberazione e loro familiari“ (ANRP). Die Gruppe um den Mitherausgeber Brunello Mantelli präsentierte ihre Ergebnisse im Dezember 2022 im Rahmen einer von Sozial.Geschichte Online unterstützten Tagung. Hier sind sie erstmals in deutscher Sprache zugänglich: Freia Anders, Brunello Mantelli (Hrsg.): Von „Arbeitskameraden“ zu „Badoglioschweinen“. Italienische Arbeitskräfte in der NS-Kriegswirtschaft 1938-1945, Wiesbaden: VS Springer 2025, DOIhttps://doi.org/10.1007/978-3-658-47272-6. Zum Inhalt geht es hier.
Vorveröffentlichung: „Kampf dem Heimterror“
In der Forschung zu „1968“ ist die Heimkampagne ein feststehender Begriff. Theoretisch unterfüttert von Herbert Marcuses Randgruppentheorie unterstützten akademische Jugendliche die weitgehend proletarische Jugend in den Lehrlings- und Erziehungsheimen in ihren Revolten. Der Beitrag von Andreas Fink, Markus Griesser, Kevin Heiniger und Sabine Stange aus dem in Kürze erscheinenden Heft 38 von Sozial.Geschichte Online, den wir hier vorveröffentlichen, bietet erstmals eine internationale Zusammenschau regionaler sozialer Bewegungen und der Folgen dieser Proteste, die Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre in drei deutschsprachigen Ländern – Westdeutschland, Österreich und Schweiz – stationäre Einrichtungen öffentlichkeitswirksam kritisierten.
Damit steht dieser Beitrag in einer Reihe von Veröffentlichungen in Sozial.Geschichte Online, die sich mit Gewalt an Kindern und Jugendlichen in Fürsorgeanstalten auseinandersetzen – 2016 beschäftigte sich Sylvia Wagner mit illegalen Medikamentenstudien an Heimkindern ab den 1950er Jahren, 2022 Anja Röhl mit der systematischen Gewalt an sogenannten Verschickungskindern in Kinderkuren in der bundesrepublikanischen Nachkriegsgeschichte.
Der Fall des derzeit wegen gefährlicher Körperverletzung in mehreren Fällen vor Gericht stehenden Kinderpsychiaters Winterhoff zeigt, dass diese Thematik nicht der Vergangenheit angehört (siehe auch die ARD Dokumentation).
Oskar Voss und das Vermächtnis der antinazistischen Werftarbeiter
Vor dem Wohnhaus von Oskar Voss, Jakobstraße 17 in Hamburg, erinnert seit dem 22. März 2025 ein Stolperstein an den Werftarbeiter, der am 26. Juni 1944 von den Nazis hingerichtet wurde. Er war in einer Widerstandsgruppe auf der Werft der Howaldtswerke aktiv gewesen. Die Gruppe hatte Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene unterstützt sowie die Herstellung von Kriegs-U-Booten gestört, indem sie Werkzeug unbrauchbar machte, Schweißnähte auftrennte u. a. m. Auf der vom Kulturverein Olmo e. V. und den Naturfreunden Hamburg e. V. veranstalteten „Stolperfete“ erinnerten verschiedene Beiträge an das Leben von Oskar Voss, riefen aber auch jüngere Beispiele gelebten Antimilitarismus in Erinnerung. Als Sozial.Geschichte Online dokumentieren wir den dort gehaltenen Redebeitrag von Karl Heinz Roth: Oskar Voss – Das Vermächtnis der Widerstandsgruppe auf den Werften hat fortgewirkt.
Neues Dossier: Migration
Die aktuelle soziale, ökologische und geopolitische Krise verändert auch Migrationsverhältnisse. In den USA wie der EU steht Migrationsabwehr ganz oben auf der Tagesordnung des politischen Mainstreams wie der politischen Rechten. In einem unter anderem durch die Trumps und Putins dieser Welt angestrebten Umbau der (dann noch immer) kapitalistischen Ordnung erscheint ein reformulierter und zugespitzter Rassismus als zentrales Moment. In Sozial.Geschichte Online werden diese Tendenzen seit langem beschrieben und analysiert. Unser neues Dossier zum Stichwort „Migration“ gibt eine Übersicht über die Beiträge zum Thema seit 2009.
Aufrufe zur Wahl der Linken
Immer mehr Krise überall – weltweit eskalierende Konflikte und Aufrüstung, erstarkender Autoritarismus und Faschismus, Klimakatastrophen, Militarisierung der Grenzen, soziale Kürzungen und Umverteilung von unten nach oben umrahmt von in jeglicher Hinsicht menschenfeindlichen Diskursen mit all ihren (un-)mittelbar lebensbedrohlichen Konsequenzen … Vor diesem Hintergrund unterstützen wir zwei Aufrufe zur Wahl der Linkspartei bei der anstehenden Bundestagswahl: den Aufruf der außerparlamentarischen Linken aus dem Umfeld des AK Geschichte Soziale Bewegungen Ost-West und den Aufruf der Wissenschafter*innen aus dem Umfeld der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Bei aller Kritik, die wir dieser Partei gegenüber haben, und im Wissen darum, wie flexibel auch linke Parteien in ihren Grundsätzen sein können, wenn es um eine Beteiligung an der Macht im parlamentarischen System geht – die gegenwärtige Situation ist jedoch: fehlt eine linke Opposition im Bundestag droht die bürgerliche Mitte noch weiter nach rechts zu rücken, wird die Normalisierung rechter Ideologie vermutlich kein Halten mehr kennen.
Zwischen Migrationsabwehr und Arbeitskräftemangel. Anmerkungen zur aktuellen Debatte
Die aktuelle Migrationsdebatte überschreitet immer mehr die Grenzen des bislang Denkbaren. Mit einem Fünf-Punkte-Programm will die CDU/CSU nicht nur die letzten Spuren des Humanismus aus der Flüchtlingspolitik beseitigen, sie droht zudem in dieser Frage offen mit einem Pakt mit Rechtsaußen. Zeit, darauf hinzuweisen, dass die soziale Infrastruktur ebenso wie die kapitalistische Wirtschaft hierzulande von der Ausbeutung migrantischer Arbeitskraft abhängt. Aber kann das Argument der „Nützlichkeit“ von Migration wirklich dabei helfen, die laufende Eskalation des Rassismus zurückzudrängen? Die Migrationsforscherin Janika Kuge und unser Redakteur Peter Birke plädieren in diesem Essay für eine kritische Sicht, in der Ausbeutung und Rassismus als zwei Seiten einer Medaille gefasst werden. Unsere Vorveröffentlichung zu Heft 38 von Sozial.Geschichte Online findet sich hier: Birke_Kuge_Grenzregime_Vorveröffentlichung_SGO_38
Heft 37 ist erschienen
Die neue Ausgabe von Sozial.Geschichte Online ist auf dem Publikationsserver der Universität Duisburg-Essen erschienen und kann dort kostenlos heruntergeladen werden. Zwei Artikel beleuchten gesundheitspolitische Aspekte der NS-Zeit und deren Folgen nach 1945: Lisa Gmeiner analysiert die Rolle des Vereins „Lebensborn“. Engelbert Tacke geht der Rolle der Barmer Ersatzkasse im NS nach. Unsere Redakteurin Christiane Mende arbeitet anhand von Fallbeispielen aus der Glasbranche heraus, warum es in der Bundesrepublik nur selten zu Betriebsübernahmen durch Belegschaften gekommen ist und was sich aus den historischen Erfahrungen für die Gegenwart ableiten lässt. John Holloway argumentiert, dass Freiheit nur in der Enttotalisierung und in der Schaffung einer Welt, in der viele Welten Platz haben, wirklich existieren könne. Das neue Heft enthält zudem Rezensionsessays von Urs Lindner, Gerhard Hanloser und Kolja Lindner sowie eine Buchbesprechung von Julia Fröhlich. Mit Nachrufen auf Toni Negri, Loren Goldner und Gerd Callesen nehmen wir Abschied von drei für uns wichtigen Intellektuellen. Weiterlesen
Félicien Faurys Studie zur Normalisierung der extremen Rechten in Frankreich
Vor dem Hintergrund des Aufstiegs der AfD ist Didier Eribons biografische Erzählung „Rückkehr nach Reims“ hierzulande viel Aufmerksamkeit zuteil geworden. Eine seiner Beobachtungen: Die Lohnabhängigen jenseits des Rheins hätten den in den letzten Jahrzehnten schwindenden gesellschaftlichen Zusammenhalt zunehmend mit einem rassistischen Alltagsverstand verarbeitet. In die gleiche analytische Kerbe schlägt eine im Mai 2024 veröffentlichte und in Frankreich viel diskutierte Studie des Soziologen und Politikwissenschaftlers Félicien Faury. In „Des électeurs ordinaires. Enquête sur la normalisation de l’extrême droite“ vertritt Faury die Ansicht, dass, wer die „politische Normalisierung“ des 2018 in Rassemblement National (RN) unbenannten Front National (FN) nachvollziehen wolle, seine „soziale Normalisierung“ verstehen müsse. Unser Autor Kolja Lindner stellt die Ergebnisse dieser Untersuchung vor und regt an, sie auch vor dem Hintergrund der hiesigen Verhältnisse zu diskutieren. Kolja Lindners Rezensionsessay ist eine Vorveröffentlichung aus Heft 37 und kann hier kostenlos heruntergeladen werden.
John Holloway: Freiheit, eine Reflexion
Der Terror der Ökonomie, der den Fortschritt kapitalistischer Entwicklung als unausweichlich ansieht, stellt durch gesellschaftliche Synthesis über die Produktion und den Austausch der Ware eine Totalität her. Diese Totalität, die Negation der Freiheit, aufzuheben, hat der orthodoxe Marxismus mittels Ersatz durch eine andere Totalität versucht. Die Ansätze des autonomen Marxismus setzten darauf, die Totalität selbst zu negieren, also die Befreiung von der Totalität mit dem Aufbau einer anderen Gesellschaft zu verbinden. Dabei nehmen manche dieser Strömungen, wie John Holloway in seinem Text aufzeigt, Bezug auf die Vorstellung, indigene Gesellschaften seien nicht in die Totalität eingebunden, was zu deren Romantisierung führt. Freiheit könne somit nur in der Enttotalisierung und der Schaffung einer Welt, in der viele Welten Platz haben, wirklich existieren. John Holloways Artikel „Freiheit, eine Reflexion“ ist kürzlich auf Spanisch in der neu gegründeten Zeitschrift Crítica Anticapitalista erschienen– wir danken dem Autor und Crítica Anticapitalista für die Genehmigung zum Abdruck dieses Artikels, der von unserem Redakteur Lars Stubbe übersetzt wurde und sich hier als Vorveröffentlichung aus Heft 37 zum kostenfreien Download findet.