Sergio Bologna, Die Besonderheit der aktuellen Krise

In seinem neuen Artikel geht unser Autor Sergio Bologna auf die Determinanten der aktuellen Logistikkrise ein, die in den zentralen westlichen kapitalistischen Staaten zu akuten Versorgungsproblemen in Industrie, Dienstleistung und bei Verbraucher:innen führen. Hintergrund der extrem gestiegenen Bedeutung der Logistik ist die ab den 1970ern einsetzende massive Deregulierung der Arbeitsbeziehungen, die in der Industrie zum Verzicht auf Lagerhaltung und zur Reduzierung von Redundanz führten: Just-in-time-Produktion und lean production waren seit den 1980ern Schlagworte, ohne die kein Manager in den Fabriken der Massenproduktion noch Karriere machen konnte.

Grundlage dafür waren die neue internationale Arbeitsteilung mit der Verlagerung der Produktion in Billiglohnländer und die extreme Verbilligung des Seetransports durch die Einführung des Containers. Die dadurch entstehenden Lieferketten müssen jedoch minutengenau abgestimmt werden. (Nicht nur) durch Corona kommt dieser Mechanismus ins Stocken, und das physical Internet schaukelt sich zu Verstopfungen von Transportknotenpunkten – etwa Häfen – auf, deren volle Auswirkungen Krisen ungeahnter Schärfe hervorbringen können. So wie die Figur des Massenarbeiters die politischen Nachkriegskrisen dominierte, schickt sich das Proletariat, das aus der „harten Erfahrung der Migration“ kommt, an, die bestimmende Figur dieser Phase zu werden. Unsere Vorveröffentlichung aus Heft 31 findet sich hier.